Arten von gebisslosen Zäumungen
- Chantal Kunz
Eine gutsitzende Trense und ein richtig verschnalltes Reithalfter ist die Grundlage für eine gute Kommunikation zwischen Pferd und Reiter. Die Auswahl ist dabei gross. Doch jede Art bietet Vor- und Nachteile.
Das Hackamore
Das Hackamore hat anstelle einer Trense zwei Bügel oder Eisenstücke auf den Seiten. Sie erzeugen beim Anziehen der Zügel Druck auf die Nase des Pferdes. Die Bügel gibt es in kurz, lang oder gebogen. Je nach Art und Länge wirkt die Hebelkraft stärker oder schwächer. Diese Art wird oft im Westernsport oder bei Springpferden mit sensiblem Maul eingesetzt. In der Dressur ist ein Zaumzeug ohne Gebiss verboten.
Das Glücksrad
Wie es der Name schon sagt, verfügt diese Art der Zäumung über ein Rad mit verschiedenen Unterteilungen. Die Räder (links und rechts am Zaum) bewegen sich beim Annehmen der Zügel. In diesem Moment wird auf Nase, Kinn und Genick des Pferdes ein leichter Druck ausgeübt. Die Zäumung wirkt vor allem auf den Nasenrücken; je nach Verschnallung von Nasenriemen, Kinnriemen und Zügel wirkt der Zaum auch auf Kinn und Genick. Je nachdem, wo die Zügel eingehakt werden, hat der Zaum eine leichte Hebelwirkung. Das Glücksrad ermöglicht bei gut trainierten Pferden eine feine Anlehnung sowie präzise Einwirkung.
Für wen geeignet: Für extrovertierte, unsichere Pferde, die eine sanfte Führung bei konstanter Verbindung zur Reiterhand benötigen; Korrekturzäumung für trensensaure Pferde. Weil das Reitgefühl ähnlich wie mit Trense ist, eignet sich das Rad-Hackamore auch für den Umstieg handfixierter Reiter auf gebissloses Reiten.
Nachteile: Bei falscher Verschnallung oder schlecht angepasster Kinnkette wirkungslos bis kontraproduktiv. Manche Pferde hängen sich in den Zaum. Anzüge erlauben keine seitliche Einwirkung.
Bitless Bridle
Bei dieser Zäumung sind zwei Riemen, die von den Zügeln unter dem Unterkiefer des Pferdes überkreuzt hindurchgehen. Dadurch bleibt eine Hebelwirkung aus. Je nach Zügelzug wirkt die Zäumung auf die Ganaschen, das Genick oder den Nasenrücken. Durch das Überkreuzführen unter dem Kinn sind die Ganaschen des Pferdes eingerahmt, was dem Pferd Sicherheit gibt. Ausserdem kann man so das Pferd gut in eine Biegung und Stellung lenken. Da die Zügel überkreuzt wirken, zieht man das Pferd nicht in eine Richtung, sondern stösst es in eine Richtung.
Für wen geeignet: Ideal für stärkere oder zähere Pferde, die klare Signale und eine konstante Anlehnung für eine gute Kontrolle brauchen. Da der Zaum beim Nachgeben etwas langsamer reagiert, sollte der Reiter zügelunabhängig sitzen und rechtzeitig Druck nachlassen können.
Nachteile: Der Effekt ist nutzlos, wenn der Reiter mit Dauerdruck reitet oder die Zäumung zu lose verschnallt. Bei falschem Reiten wehren sich die Pferde gegen den Dauerdruck an allen Seiten des Kopfs. Nicht geeignet für sehr sensible Pferde.
Sidepull
Wirkung: Wirkt nur auf die Nase bei direkter Zügelführung. Wird mit beiden Händen ohne ständige Anlehnung geritten. Erlaubt deutliche seitliche Impulse. Wird locker verschnallt und klemmt die Pferdenase auch bei Zug nicht ein.
Für wen geeignet: Zur Jungpferdeausbildung; als Übergangszäumung bei Maul- und Zahnproblemen oder als Korrekturzäumung bei Pferden, die sich aufrollen oder Angst vor dem Gebiss haben. Für Reiteinsteiger auf erfahrenen Pferden geeignet, wenn ein breiter Nasenriemen verwendet wird.
Nachteile: Kann je nach Modell und Verschnallung etwas schwammig wirken. Weniger geeignet für Pferde, die sich auf die Hand legen oder auf der Vorhand laufen.
Bosal
Das Bosal ist eine Art „Ring“ aus Rohhaut, der locker auf dem Nasenrücken des Pferdes liegt. Unten sind die Zügel befestigt, wodurch eine Art Hebelwirkung beim Annehmen der Zügel entsteht. Das Bosal wird in der Westernreiterei oft übergangsweise als Ausbildungszäumunggenutzt. Es wirkt vor allem auf den Nasenrücken, aber auch auf den seitlichen Unterkiefer. Seitwärtsgerichtete Zügelhilfen sind nur eingeschränkt möglich, da die Zügel am Kinn verschnallt sind.
Es kann je nach dicke und Material relativ scharf wirken und gehört nur in erfahrene Hände.
Gebisslos = sanfter?
Oft wird gedacht, dass gebisslose Zäumungen sanfter wirken, als solche mit Gebiss. Wie man an den Hebelwirkungen und oder anderen Einwirkung jedoch sieht, ist dies nicht unbedingt der Fall. Ein Zaum ist immer so scharf wie die Hand und die Handhabung. Gebisslos reiten ist eine Kunst für sich und nichts, was man „einfach mal so“ ohne Vorbereitung machen kann.
Es lohnt sich jedoch, neue Wege zu gehen und verschiedene Zäumungen zu testen. Am besten tut man dies mit fachkundiger Beratung.