Mein blindes Pferd – Erzählung ||

Für viele ist eine Blindheit bei Pferden ein absolutes No-Go. Nicht so bei Steffy.  Sie erzählt die Geschichte ihrer beiden blinden Pferde.

Horsemag hat mit einer Pferdebesitzerin, die zwei blinde Pferde hat. gesprochen und einige Fragen aufgeklärt:

Horsemag: Ist dein Stall besonders blindengerecht gebaut?

 

Steffy: Wir haben einen festen Paddock mit Holz anstatt Litzen gebaut, der eventuellen Remplern standhält. Pepper und Penny haben eigene Boxen und eigene Ausläufe direkt davor, damit es nicht zu Streitereien kommt. Peppers Box haben wir extra für sie barrierefrei  und schön gross gebaut. An der Boxentür hängen meistens Pferdedecken, damit sie frühzeitig merkt, dass ein Hindernis kommt und nicht ins Holz kracht. Wasser und Futter stehen immer an derselben Stelle. Das ist auch sehr wichtig für Pepper. Geplant ist, dass die komplette Weide zukünftig auch einen festen Holzzaun bekommt.

Horsemag: Wie orientieren sich deine Pferde?

Steffy: Smartie sieht noch etwas auf dem rechten Auge. Wie viel genau ist unklar, aber er kann sich sehr gut orientieren. Die Kopfhaltung ist oft schräg ausgerichtet, damit er alles hört. Pepper orientiert sich vorwiegend an Gerüchen. Sie erschnüffelt sich ihre Wege. Gleichzeitig spielt der Tastsinn eine große Rolle. An Geräuschen orientiert sie sich nicht. Ausser am Geräusch der Futterschüssel!

Horsemag: Triffst du oft auf Unverständnis von anderen Personen?

Steffy: Das Unverständnis wird im engen Kreis tatsächlich weniger. Am Anfang habe ich einige Kritik geerntet. Mittlerweile halten mich meine Freunde einfach für verrückt. Wer so viel Liebe, Zeit und Geduld in Pferde und gerade in blinde Pferde steckt, kann nur verrückt sein. Leider gibt es immer noch Fremde, die kein Verständnis haben und wir hören oft die Frage: „Warum schläfert ihr sie nicht ein? Das ist doch kein Leben für ein Pferd!“ Wir versuchen, unentwegt aufzuklären und nicht alles rosarot darzustellen, denn natürlich gibt es Momente, bei denen wir auch an unsere Grenzen stossen.

Horsemag: Wie gehst du mit Kommentaren von Aussenstehenden um, die deine Pferde als „hässlich“ oder ähnliches betiteln?

Steffy: Solche Kommentare verletzen mich sehr. Sowohl Smartie mit seiner Augentrübung als auch Pepper mit ihrem einseitig „zerstörten“ Auge sind wundervoll. Sie entsprechen nunmal nicht der Norm. Und das ist gut so. Ich entspreche der Norm schließlich auch nicht. Ich kontere auf solche Kommentare immer mit viel Sarkasmus. Erfahrungsgemäss kriegt man solche Aussagen aber nicht ins Gesicht gesagt, sondern meist in den sozialen Netzwerken um die Ohren gehauen. Über eine Frage habe ich mich besonders erschrocken : Ob ich meine Pferde noch schön finden würde, wenn die Augen entfernt würden? Natürlich. Es ändert nichts am Charakter, aber an ihrer Lebensqualität. Denn sollten die Augen Probleme und Schmerzen verursachen, werden sie entnommen. Und dann ist da eben eine leere Augenhöhle, die unter Umständen ein toller Kraulpunkt werden kann. Das mögen nämlich einige augenlose Pferde sehr gern.

Smartie auf der Weide

Horsemag: Sind blinde Pferde oft krank?

Steffy: Krank im Sinne von Kolik oder ähnlichen typischen Krankheiten sind meine nicht. Ich habe meine Tierärzte immer nur da, wenn es wirkliche Katastrophen gegeben hat. Tatsächlich Tränen ab und an mal die Augen, was aber meist vom Windzug herführt. Pepper und Smartie sind bei mir komplett schubfrei. Sie sind beide an der periodischen Augenentzündung erkrankt. Ich achte auf ein ausgewogenes und angepasstes Fütterungsmanagement und unterstütze besonders das Immunsystem.

Horsemag: Verletzen sie sich öfters als sehende?

Steffy: Tatsächlich haben alle unsere Pferde gern ab und an mal eine Schnatter oder einen Kratzer. Wirklich schlimm verletzt war bisher nur Pepper im April 2021, weil sie in abgesägte Baumstämme gerannt ist. Dabei hat sie sich den rechten Brustmuskel schwer verletzt. Eine 30cm lange und tiefe Wunde war das. Zudem hat sie sich in der linken Achsel eine etwa 3cm lange Wunde zugezogen. Ich habe sofort eine umfangreiche Wundversorgung bis zum Eintreffen meiner Tierärztin durchgeführt. Der Muskel wurde genäht, ich habe Pepper mit humanmedizinischen Verbandstoffen selbst behandelt und ihr fünf Tage lang Penicillin in den Halsmuskel gespritzt. Nach vier Wochen war alles verheilt. Da kommt mir meine Ausbildung und Beruf als Gesundheits-& Krankenpflegerin zugute. Dieses Ereignis war aber bisher das einzige und schlimmste.

Horsemag: Falls ein Auge anschwillt oder sogar entzündet, wie gehst du damit um?

Steffy: Wenn sich bei Pepper oder Smartie Prozesse an den Augen ankündigen, aber das Sekret noch durchsichtig ist, arbeite ich zunächst mit Augentropfen oder einer Salbe aus der Apotheke. Wenn das nicht nach spätestens zwei Tagen hilft, gebe ich eine Salbe vom Tierarzt ins Auge, die Kortison enthält. Wenn das Sekret direkt gelb ist, fackel ich gar nicht lange und es gibt direkt Salbe mit Kortison. Glücklicherweise hat es bisher immer angeschlagen und ich musste keine weiteren Massnahmen einleiten. Pepper hat sich einmal den Kopf an einem Balken gestossen, der einen Schub ausgelöst hat und auch da hat die Salbe vom Tierarzt geholfen. Nach vier Tagen war alles wieder gut.

Horsemag: Gibt es eine Möglichkeit, sich bei anfallenden Fragen irgendwo zu melden? Ein Verein oder eine Organisation?

Steffy: Wer Fragen zu blinden Pferden hat, selbst ein erblindendes oder blindes Pferd besitzt oder kaufen/verkaufen möchte, dem empfehle ich unseren Verein „IG Blinde Pferde e.V.“ bzw. die Facebook-Seite. Da wird schon viel gezeigt und erklärt. Weiterhin gibt es eine tolle Gruppe bei Facebook: „Mein blindes Pferd.“ Es gibt einige „Betroffene“ die gerne ihre Erfahrungen teilen und Tipps geben.

Horsemag dankt für die Zeit und den detaillierten Antworten.

  • Wer mehr über Steffy oder blinde Pferde wissen möchte, kann sich über info@horsemag.ch melden.

  • Gerne könnt ihr Steffy auf Instagram: @little.brook.ranch einen Besuch abstatten und ihr weitere Fragen stellen.

  • Falls ihr weitere Fragen oder spezielle Wünsche für Artikel habt, meldet euch via Instagram bei @mr_bombaj oder direkt bei @horsemag_ch

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