Reiten in der Schwangerschaft

Wird man als Pferdebesitzerin schwanger, kommt bald die Frage auf, ob und wie lange man noch reiten darf. Pferde-Osteopathin Bettina Meier hat sich dazu ein paar Gedanken gemacht.

Oft werde ich gefragt, ob ich noch reite resp. reiten darf. Können und dürfen tue ich es… ich frage mich bloss, wie klug es ist?

Zum einen ist da der Sicherheitsaspekt. Doch da mein Pferd Candida und ich die „wilden Zeiten“ hinter uns haben und wir uns mittlerweile sehr gut kennen, hatte ich persönlich diesbezüglich weniger Bedenken. Ich weiss, dass ich ihr vertrauen kann und auf ihrem Rücken bin ich definitv sicherer als im Strassenverkehr.  Auf fremde Pferde habe ich mich allerdings nicht mehr gesessen.  

Bilder: Chiara Brülisauer

Viel mehr geht es mir jedoch um Candidas Gesundheit! Meine Kugel wächst und wächst. Gleichzeitig hat mein Allerwertester an Umfang zugelegt. Mein Rücken hat entsprechend die Form eines imposanten S angenommen. Setzen wir uns mit einem (massiven) Hohlkreuz aufs Pferd, zwingen wir leider auch das Pferd ins Hohlkreuz .

Automatisch verlagere ich das Gewicht meines Oberkörpers leicht nach vorne, um mich auszubalancieren und ich sitze so vermehrt auf dem Schambein. Meine Lendenwirbel werden zusammengestaucht, meine Hüften und Beine fest und undruchlässig. Entsprechend kann Candidas Schub aus der Hinterhand unmöglich bis nach vorne durchgehen. Sie ist gezwungen vermehrt Last auf die Vorhand aufzunehmen und hat keine Chance ihre Oberlinie zu aktivieren. Nicht gerade das,  was eine Pferdetherapeutin empfehlen würde.

Deshalb habe ich bereits nach ein paar Monaten der Schwangerschaft Monaten entschieden, sie während meiner Schwangerschaft nicht mehr aktiv zu reiten. Diesen Part übernimmt nun meine Reitbeteiligung. Die Boden- und Handarbeit sowie ausgedehnte Spaziergänge geniesse ich mit Candida nämlich genau so sehr.

Doch in Candida steckt eine Lastenträgerin. Sie zeigt ganz deutlich, dass sie es als ihre Aufgabe sieht, mich zu tragen… typisch ehemaliges Touristenpferd. Kaum sitze ich auf, spitzt sie ihre Ohren, schaltet einen Gang höher, wirkt stolz und top motiviert.

Als ich sie einmal aus dem Stall holte, hatte ich tatsächlich dieses eine Gefühl: Candida will mich wieder einmal tragen. Ich sattelte sie. Nach 20 Minuten aufwärmen, stieg ich auf einen Holzstamm am Wegrand. Candida parkierte neben mir ein, um mich abzuholen. Das Aufsteigen fühlte sich wackelig an. Sie stand ruhig wie ein Fels in der Brandung und wartete gedulig, bis ich sicher „angekommen“ bin.

15 Minuten hat sie mich und meinen Babybauch durch den Wald getragen. Mit zügigen und trittsicheren Schritten. Die Abendsonne strahlte zwischen den Bäumen hindurch. Sie schien mir meinen unausbalancierter Sitz zu verzeihen. Ich hab mich direkt noch mehr verliebt in dieses wunderbare Pferd .

Dann sieg ich ab, um den restlichen Weg mit ihr nach Hause zu spazieren. Ich sah dieses altbekannte Funkeln in ihren Augen und bedankte mich ganz herzlich bei ihr für diesen wundervollen Ausflug.

Das Leben ist bunt und genau so ist auch der Umgang mit uns anvertrauten Geschöpfen. Für mich gibt es kein reines Schwarz-Weiss und so versuche ich täglich abzuschätzen, was heute das Beste für mein Pferd ist.

Weil sie es liebt, habe ich mich bis vor zwei Wochen sporadisch für ein paar Minuten auf Candida gesessen. Nicht als Training wohlverstanden, sondern eifach für unsere Beziehung. Irgendwann war mein Bauch jedoch so gross, dass es wirklich nicht mehr bequem war.

Candida, du gute Seele, ich freue mich darauf, in nicht allzuferner Zukunft wieder auf deinem Rücken durch die Wälder zu ziehen.

In Liebe, Bettina

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