Sieben Tage auf dem Pferderücken

Nicole Betschart hat seit 2018 zwei Zuhause: den Winter verbringt sie im Zürcher Oberland, das Sommerhalbjahr geniesst sie im Engadin. Auf dem Hof San Jon in Scuol begleitet sie mit ihrem Pferd Polanski Ein-, Zwei- und Dreitagesritte. Dieses Jahr haben die beiden die Reise nach Scuol zum ersten Mal nicht mit Auto und Anhänger, sondern zu Fuss, beziehungsweise zu Huf bestritten.

Ein glücklicher Zufall

Dieser siebentägige Ritt, die Sommer auf dem Hof San Jon und sogar die Konstellation Nicole und Polanski, all dies lässt sich schlussendlich auf einen Zufall zurückführen. Nicole hatte in einer Skihütte in Davos gearbeitet, als sie im Winter 2018 durch die mit ihr befreundeten Erika und Fredi Buschor erfuhr, dass man auf dem Hof noch jemanden für im Service und im Stall suchte. Gekannt hatte sie den Hof San Jon bereits, aber Teil des Teams war sie bisher nicht gewesen. Spontan liess sie sich darauf ein: «Ab meiner ersten Saison fühlte ich mich gut aufgehoben, der Hof ist familiär und herzlich geführt, es ist einfach schön, dort zu arbeiten.» Angefangen, Reiten zu lernen hatte Nicole als Zweitklässlerin auf Buschors Hof in Fehraltorf, in San Jon lerne sie aber stetig dazu. Vom Aufnageln von Hufeisen über das Trekkingführen bis hin zum «Lesen» der Pferde und dem Aufbau einer Partnerschaft zu den Tieren, gibt es immer noch Neues, dass erlernt werden will. Im selben Winter, als sie selbst zum ersten Mal nach San Jon kam, lernte Nicole Polanski kennen. Der damals fünfjährige Polanski kam im März als San-Jon-Pferd zum Hof. «Ich habe mich auch prompt in ihn verliebt», schwärmt Nicole, als sie sich zurückerinnert. «Ihn wegzugeben», erzählt sie, «kam für mich nicht in Frage.» Als also die erste Saison im San Jon zu Ende ging, machten sich Nicole und Polanski gemeinsam auf den Weg ins Zürcher Oberland und sind seither im Sommer als Doppelpack fester Bestandteil des Teams auf San Jon.

v. l.: Katja Venzin, Erika und Fredi Buschor und Nicole Betschart. Bilder: zVg

Zürcher Oberland – Rheintal – Engadin

Die Idee, dieses Jahr den Weg zu reiten statt zu fahren, entstand ganz spontan. «Da ich selber nicht mit dem Anhänger fahren kann, sagte ich mir: Dann reite ich eben!» Daraufhin meinte Fredi, er würde mitkommen. «Zuerst habe ich das alles nicht allzu ernst genommen, aber irgendwann entschieden wir uns dazu, das Ganze wirklich durchzuziehen», erzählt Nicole und meint lachend, dass sie dankbar gewesen sei, dass die erfahrenen Wanderreiter Erika und Fredi sich der Routenplanung annahmen. «Ich selbst bin nämlich eine Katastrophe, wenn es ums Kartenlesen geht!» Katastrophen blieben denn auch aus, unterwegs lief alles nach Plan. Durch Wald, Wiesen und Kieswege ging es von Fehraltorf via Wolfhausen nach Bilten, wo sich der Linthdamm eine gefühlte Ewigkeit lang hinschlängelte, während der Regen nur so auf sie niederprasselte. Auf der Strecke zwischen Bilten und Unterterzen erlebte die Gruppe eindrücklich, wie unglaublich wertvoll und wichtig das Vertrauen zwischen Zwei- und Vierbeinern ist – ohne diese Grundlage wäre jener Abschnitt des Weges nahe der Autobahn wohl ebenso belastend wie gefährlich gewesen. Andere Abschnitte dieser Strecke seien dafür umso schöner gewesen, man konnte etwa Füsse und Hufe ins kühle Nass des Walensee tauchen und übernachtete in ebenjenen Bergen, die die Gruppe tags zuvor noch aus weiter Ferne bestaunt hatten. Über Bad Ragaz folgten sie dem Weg ins Prätigau nach Küblis, wo Katja Venzin, ebenfalls Rittführerin im San Jon, mit Pferd und Hund dazustiess. «Katja ist sogar bereits aus dem Jura nach San Jon geritten!», berichtet Nicole, «Sie kannte den Weg so gut, dass wir keine Karte mehr brauchten und den Ritt dadurch noch mehr geniessen konnten.» Viele Höhenmeter und Stunden später erreichten sie – «müde aber glücklich!» – Davos, wo im Hofladen Picknick gekauft und Kraft getankt wurde für die nächste und anstrengendste Etappe: den Flüelapass. Nachdem diese geschafft war, verbrachte die Gruppe die letzte Nacht in Susch, bevor sie dann endlich in San Jon freudig und mit Apéro begrüsst wurde.

Vier- und Zweibeiner verstanden sich bestens auf der Reise.

Weisswein auf dem Flüela

Die Begeisterung, mit welcher Nicole Betschart von ihrem Ritt nach San Jon erzählt, ist deutlich zu spüren. Beim Sprechen drängen sich immer neue Erinnerungen nach vorne und es scheint unmöglich, einen einzelnen Moment aus denen der Tage vom 22. bis zum 29. Mai als schönste Erinnerung auszuwählen: «Dazu haben wir viel zu viele, irrsinnig schöne Erlebnisse gemacht!» Das Frühstück in Davos und die Abendstimmung beim Walensee oder das Anstossen mit Weisswein auf dem höchsten Punkt des Flüela kommen ihr in den Sinn und sie erinnert sich unter schallendem Gelächter an den Moment, als sich Fredis «Muli» in Kuhdreck wallte, gut eingeschmiert gemächlich einige Meter den Hang hinunterglitt und schadenfreudig Lachende mit einem Wedeln seines Schweifes ebenfalls mit Dreck bespritzte. Dieselbe Route würde sie dennoch nicht noch ein zweites Mal machen, jedenfalls nicht in naher Zukunft. Nicole erklärt: «Es gibt so viel Spannendes zu sehen und mit dem Pferd ist es nochmals doppelt so spannend. Ich würde die Route wirklich jedem empfehlen – selber will ich nun aber lieber Neues entdecken.»

San Jon

Der Reitstall San Jon lässt die Herzen der Pferdefreunde höher schlagen. Das Angebot reicht von einwöchigen Jugendreitlagern über Westernreitkurse und Reitstunden bis zu stündigen oder ganztägigen Trekkings. Dank dem täglichen Weidegang sind die Pferde sehr ausgeglichen und gutmütig, so dass Anfänger und Fortgeschrittene die Natur in vollen Zügen geniessen können.

San Jon

Unser Angebot reicht von einwöchigen Jugendreitlagern über Westernreitkurse, Kutschenfahrten und Reitstunden bis zu stündigen Ausritten, ganztägigen oder mehrtägigen Trekkings. Kommen Sie doch einfach vorbei und lassen Sie sich beim Westernreiten auf dem Rücken der Pferde aus den Alltagssorgen tragen oder bei einem Spaziergang von der beeindruckenden Landschaft und deren Tierwelt überraschen. Men Juon & Brigitte Prohaska mit Team
Zu San Jon

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